Neulich stand ich vor der Tür eines Geschäfts. Alma saß brav neben mir, das Führgeschirr reflektierte die Sonnenstrahlen und ihr Blick sagte so viel wie: „Na, gehen wir rein oder bleiben wir hier ewig stehen?“ Drinnen roch es nach Kaffee und frischen Brötchen, eindeutig Bäckerei. Ich setzte gerade zum Schritt an, da kam er auch schon: der freundliche, aber bestimmte Satz, den wohl jeder Führhundhalter schon einmal gehört hat: „Tut mir leid, aber Hunde dürfen hier nicht rein.“ Solche Situationen passieren mir immer noch regelmäßig, obwohl sich in den letzten Jahren rechtlich einiges getan hat.

Alma ist nicht einfach „mein Hund“ sie ist mein Blindenführhund, staatlich anerkannt, geprüft, unersetzlich. Und seit der Assistenzhundeverordnung (AHundV) von 2023 ist das sogar schwarz auf weiß festgehalten. In dieser ist klar geregelt, dass Blindenführhunde wie Alma überall dorthin mit dürfen, wo auch Menschen mit Straßenschuhen hingehen. Also in Geschäfte, Restaurants, Arztpraxen, Busse, Bahnen und so ziemlich jeden Ort, an dem die Öffentlichkeit willkommen ist.

Ein Stück mehr Sicherheit im Alltag

Früher war das oft eine Grauzone. Manche Geschäfte verstanden die Wichtigkeit von Blindenführhunden, andere wollten sie nicht anerkennen. Ein Klassiker: „Das ist aber wegen der Hygiene nicht erlaubt.“ Seit der neuen Verordnung ist das anders: Im § 12e des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) steht nun ganz klar, dass Menschen mit Assistenzhund der Zutritt nicht verweigert werden darf, wenn der Ort öffentlich zugänglich ist. Und das schließt auch meine geliebte Bäckerei, den Friseur oder das Restaurant um die Ecke mit ein.

Natürlich gibt’s Ausnahmen

In einem OP-Saal oder auf einer Intensivstation hat auch Alma keinen Zutritt. Orte mit gehobenem Hygiene-Standard sind von der Verordnung ausgeschlossen. Aber im normalen Alltag gilt: Sie darf mit!

Was sich geändert hat, und warum es wichtig ist

Mit der Assistenzhundeverordnung kam 2023 endlich mehr Struktur in das ganze Thema. So gibt es jetzt endlich offizielle Ausweise und Abzeichen, damit klar ist, dass Alma nicht einfach nur „gut erzogen“ ist, sondern eine anerkannte Blindenführhündin. Auch Ausbildungsstellen müssen nach klaren Standards arbeiten und eine Prüfung abgenommen werden, damit alle Teams dieselbe Qualität haben. Und die Rechte gelten bundesweit einheitlich. Keine Willkür mehr von Ort zu Ort, kein vorgeschobenes Hausrecht. seit Januar 2025 müssen alle Assistenzhunde offiziell registriert und gekennzeichnet sein, um diese neuen Rechte nutzen zu können. Alma trägt schon seit Sommer 2023 ihr Abzeichen, nicht, weil sie’s braucht (sie weiß, dass sie wichtig ist), sondern weil es den Menschen um uns herum hilft, schneller zu verstehen, was Sache ist.

Theorie trifft Praxis

Zurück in meiner Bäckerei. Ich lächle, erkläre freundlich, dass Alma ein Blindenführhund ist, und zitiere den Paragrafen fast Wort wörtlich. Die Verkäuferin schaut etwas verdutzt, ruft die Chefin und siehe da: Nach einem kurzen Gespräch dürfen wir rein. Ich hole mir mein Brot und ein paar Brötchen, Alma bekommt ein kleines Leckerli, und am Ende wird Alma von den beiden noch gestreichelt. Solche Momente zeigen mir: Das Gesetz ist wichtig, aber Aufklärung ist mindestens genauso nötig. Die meisten meinen’s gar nicht böse, sie wissen es schlicht nicht besser.

Tipp an alle mit Blindenführhund

Habt den offiziellen Assistenzhundeausweis immer dabei und erwähnt den § 12e BGG. Auch der Satz „Das ist eine Blindenführhündin, sie darf mich begleiten“ wirkt Wunder. Aufklärung funktioniert am besten mit einem Lächeln und vielleicht mit einer feuchten Hundenase.

Mein Fazit

Die neue Gesetzeslage gibt mir ein gutes Gefühl. Ich weiß, dass Alma und ich Rechte haben, klare, gesetzlich verankerte Rechte. Aber die Realität da draußen ist manchmal noch ein bisschen… naja, „2022“. Also üben wir weiter Geduld, erklären freundlich und zeigen, dass Inklusion im Alltag beginnt, mit jedem Gespräch, jedem Lächeln und jedem Schritt, den Alma mich durch die Eingänge von Geschäften führt.

Kommentare  
Lieber Stephan,
Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie oft du dir anhören müsst, dass Alma nicht willkommen ist. Ich glaube, die meisten Menschen haben noch gar nichts davon gehört und bekommen von ihren Chefs nur den Hinweis, dass Hunde nicht erlaubt sind. Sehr gut, dass du nicht müde wirst, hier aufzuklären. Ich glaube, irgendwann wäre ich sehr genervt davon - auch wenn die Verkäuferin nicht wirklich etwas dafür kann und nette Worte und ein Lächeln zielführender sind!
Liebe Grüße von Miriam
Hi Miriam,
ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar.
Du sprichst einen Punkt an, den ich selbst oft beobachte: Viele der Situationen entstehen nicht aus böser Absicht,
sondern schlicht, weil Mitarbeitende nie darüber informiert wurden, welche Ausnahmen es für Assistenzhunde gibt.
Wenn man nur den Satz „Hunde verboten“
auswendig gelernt hat, ist die Unsicherheit fast vorprogrammiert.
Dass du ansprichst, wie nervig das auf Dauer sein kann, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich habe auch Tage, an denen mir das Erklären schwerfällt.
Aber gleichzeitig merke ich immer wieder, wie viel sich zum Positiven verändert, wenn ich ruhig bleibe und kurz erläutere, warum Alma dabei ist und welche Rechte
wir haben. Viele sind dann dankbar für die Info und der nächste Führhundhalter hat es vielleicht schon ein Stück leichter.
Danke dir für die ermutigenden Worte. Solche Rückmeldungen machen es einfacher, dranzubleiben.
LG Stephan
Hallo,

dein Beitrag hat mich sehr berührt, weil er so ehrlich zeigt, wie Alltag und Gesetzgebung oft noch auseinanderliegen. Die Szene vor der Bäckerei ist unglaublich plastisch beschrieben und macht sofort klar, warum rechtliche Regelungen allein nicht ausreichen, wenn das Wissen darüber fehlt. Besonders schön finde ich, wie ruhig und erklärend du mit solchen Situationen umgehst und gleichzeitig deutlich machst, dass es hier nicht um Kulanz, sondern um klar verankerte Rechte geht. Auch dein Fazit bringt es wunderbar auf den Punkt: Inklusion entsteht nicht nur durch Paragrafen, sondern vor allem durch Begegnungen und Aufklärung im täglichen Miteinander.

Vielen Dank fürs Teilen dieser wichtigen Perspektive und dafür, dass du das Thema so greifbar und menschlich vermittelst.

Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag und viele selbstverständliche, reibungslose Wege – für dich und Alma.
Herzliche Grüße
Saskia
Hi Saskia Katharina,
vielen Dank für deine Worte – sie haben mich wirklich sehr gefreut. Du beschreibst genau das Spannungsfeld, das mich zu diesem Beitrag
bewegt hat: Einerseits haben wir inzwischen klare gesetzliche Regelungen, was großartig ist. Andererseits zeigt der Alltag immer wieder, dass diese Rechte
nur wirken, wenn Menschen sie kennen und einordnen können.
Gerade deshalb bedeutet mir dein Feedback so viel. Wenn jemand schreibt, dass die Szene in der Bäckerei nachvollziehbar und greifbar war, dann fühlt es
sich an, als hätte der Text seinen Zweck erfüllt: ein Stück Alltag sichtbar machen, das sonst oft unsichtbar bleibt.
Und ja, mir ist wichtig, ruhig zu bleiben und zu erklären – nicht, weil es immer leicht fällt, sondern weil ich damit bisher am weitesten gekommen bin.
Gleichzeitig tut es gut, klar zu benennen, dass es hier nicht um „Ausnahmen“ oder „Kulanz“ geht, sondern um fest verankerte Rechte, die Teil echter Inklusion
sind.
Danke, dass du das so wertschätzend aufgegriffen hast.
Ich nehme deine guten Wünsche gerne mit – möge es für uns alle mehr selbstverständliche, barrierefreie Momente im Alltag geben.
LG Stephan
Lieber Stephan,

dein Beitrag ist so wichtig und macht deutlich, wie wichtig die Assistenzhundeverordnung für den Alltag von Führhundteams ist. Besonders die beispielhafte Szene in der Bäckerei zeigt, dass Gesetze allein nicht reichen, sondern dass Aufklärung und Geduld im direkten Kontakt entscheidend sind. Oft wissen Mitarbeitende nicht welche Rechte Assistenzhunde haben.
Dass Alma ihr offizielles Abzeichen trägt, ist ein gutes Beispiel dafür, wie sichtbare Kennzeichen helfen können, Situationen zu entspannen. Gleichzeitig finde ich es schön, dass du betonst, wie sehr Respekt und ein Lächeln Türen öffnen. Fällt mir nicht immer leicht, ist aber viel besser, als direkt mit aus der Haut zu fahren.

Liebe Grüße
Mo
Hi Mo,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Du triffst es sehr gut: Die Assistenzhundeverordnung ist ein wichtiger Schritt, aber
im Alltag braucht es zusätzlich eben genau das, was du ansprichst – Wissen, Rücksicht und manchmal einfach ein bisschen gegenseitige Freundlichkeit.
Ich erlebe tatsächlich immer wieder, dass Unsicherheiten bei Mitarbeitenden weniger aus Ablehnung entstehen, sondern schlicht aus Unkenntnis. Genau deshalb
schreibe ich solche Beiträge: Wenn Menschen nachvollziehen können, warum Alma dabei ist und welche Rechte sie hat, entspannt sich vieles fast von selbst.
Das sichtbare Abzeichen hilft dabei enorm – aber am Ende sind es Begegnungen wie die in der Bäckerei, die wirklich etwas verändern können.
Und ja, ich kann gut nachvollziehen, dass Geduld nicht immer einfach ist. Geht mir genauso. Aber ich merke, dass ein ruhiger Ton die Chance erhöht, dass
sich auch die andere Seite öffnet – und dass wir am Ende beide mit einem besseren Gefühl auseinandergehen.
Danke dir fürs Lesen, fürs Reflektieren und fürs Mitdenken. Genau solche Rückmeldungen zeigen mir, wie wichtig es ist, dran zu bleiben.
LG Stephan
Hallo Stephan,

ich hatte gar nicht vermutet, dass es da für dich mit Blindenführhund solche Probleme gibt. Ich meine, du hast Alma ja nicht (nur) zum Spaß dabei und das ist ja auch offensichtlich. Spannend zu lesen, dass du trotzdem noch oft mit solchen Situationen im Alltag konfrontiert wirst.
Ich finde super, wie ruhig und sachlich du damit umgehst. Ich wüsste nicht, ob ich jedes Mal so freundlich bleiben könnte. Hattest du schon einmal Situationen, wo auch Erklärungen nichts geholfen haben oder meidest du inzwischen manche Geschäfte, weil Alma dort nicht freundlich empfangen wird?

Auf jeden Fall danke fürs Teilen dieses Alltagsmomentes! Solche Einblicke braucht’s einfach, damit es irgendwann selbstverständlich wird und niemand mehr diskutieren muss.
Hi Lisa,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar!
Tatsächlich denken viele Menschen – so wie du – erst einmal, dass es mit einem Blindenführhund heute kaum noch Probleme geben dürfte. Umso überraschender
ist es dann, wenn man selbst oder im Bekanntenkreis erlebt, dass die Realität manchmal noch anders aussieht. Die neue AHundV macht da wirklich einen Unterschied,
aber bis sich all das im Alltag durchsetzt, dauert es eben ein bisschen.
Ich versuche tatsächlich, ruhig zu bleiben, weil es meistens keine böse Absicht ist, sondern schlicht Unwissenheit oder Unsicherheit. Aber klar: Es gab
auch Situationen, in denen Erklärungen absolut nichts gebracht haben. Zum Glück sind solche Fälle eher die Ausnahme – aber sie passieren. Und ja, ich gebe
zu, dass ich ein, zwei Läden mittlerweile meide, einfach um mir den Stress zu ersparen. LG Stephan
Ich bin so selten mit meinem Hund in der Stadt unterwegs, weil sie die meisten Geschäfte nicht betreten darf. In einigen nehme ich sie auf den Arm (sie ist ja releativ klein und handlich), in anderen wie deiner geliebten Bäckerei hätte sie aus verständlichen Gründen keinen Zutritt. Aber Alma darf und sollte auch überall rein dürfen. Zum Glück hat das Gespräch mit der Chefin direkt gewirkt und Streicheleinheiten und ein Leckerli gab's ja auch noch! Gut, dass es diese erweiterten Zutrittsrechte heutzutage gibt!

Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Ich kann gut nachvollziehen, dass du mit deiner Hündin selten in der Stadt unterwegs bist. Vorallem da viele Geschäfte Haustiere nicht hineinlassen.
Gerade kleinere Hunde werden zwar manchmal „geduldet“, aber es bleibt eben eine Ausnahme und keine echte Lösung.
Genau deshalb sind die neuen Zutrittsrechte für Assistenzhunde so wichtig.
Für mich bedeutet es unglaublich viel, dass Alma nun rechtlich überall hin darf
– nicht als „Haustier“, sondern als meine Blindenführhündin und damit als unverzichtbare Unterstützung.
Ich fand es auch super, wie schnell das Gespräch mit der Chefin Wirkung gezeigt hat. Und Almas Begrüßung mit Streicheleinheiten und Leckerli hat die Situation natürlich perfekt abgerundet.
So sollte es eigentlich überall laufen: ein bisschen Aufklärung, ein bisschen Offenheit und schon ist allen geholfen.
LG
Stephan
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