Der Fahrtwind im Gesicht, das gleichmäßige Treten, das Lachen meines Mitfahrers, Tandemfahren ist für mich mehr als nur Bewegung. Es ist Freiheit, Nähe und gelebtes Vertrauen. Als blinder Mensch ist das Tandem für mich eine Möglichkeit, Radfahren aktiv zu erleben, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und gemeinsam Sport zu treiben. In den letzten Jahren hatte ich das Glück, zwei sehr unterschiedliche Tandems intensiv zu nutzen: Ein sportlich-schlankes Modell,wie es sicher jeder bereits einmal gesehen hat und ein besonders stabiles Parallel-Tandem mit drei statt zwei Rädern. Zwei Räder, zwei Konzepte – und beide völlig unterschiedlich. Wo die Vor- und Nachteile dieser beiden liegen und welches ich euch empfehlen würde erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Sportlich, direkt – aber nicht für jeden

Vor zwei Jahren habe ich mir ein klassisches Tandem mit hintereinander angeordneten Sitzen gekauft. Zwei Sättel, zwei Lenker, zwei Ketten: viel Potenzial für Tempo und ausgedehnte Touren. Mit seinem leichten Rahmen, den präzise schaltbaren 28 Gängen und der direkten Lenkung vermittelt es ein sportliches Fahrgefühl. Die Felgenbremsen packen zuverlässig zu. Auch wenn heutzutage viele lieber auf Scheibenbremsen setzen, fühle ich mich damit sicher. Besonders praktisch, der Lenker und Sattel im hinteren Bereich lassen sich individuell anpassen, ein nicht zu unterschätzender Komfort. Wichtig ist dies auch, wenn der hintere Fahrer größer als der Vordermann ist und nicht von dessen Sattelhöhe nach unten gezogen werden möchte. Ich habe dieses Rad bei Sonne, Regen und mit unterschiedlichen Piloten getestet. Egal ob mit meinem Bruder, meiner Schwester oder guten Freunden, es macht einfach Laune! Meine Piloten profitieren vom ruhigen Rahmen und der präzisen Lenkung. Auch bei schnellen Manövern bleibt das Rad stabil und verlässlich. Kurz gesagt: Ich kann mich voll und ganz auf meinen Mitfahrer verlassen und das Fahrgefühl genießen.

Erlebnisreiche Touren

Schon die erste gemeinsame Fahrt mit meiner Schwester war ein besonderes Erlebnis: Von Erfurt aus ging es am Dom vorbei, durch den Nordpark und entlang der Gera. Die Mischung aus glattem Asphalt, sanften Anstiegen und entspannten Abfahrten war wie gemacht für unser sportliches Tandem. Auch an der Erfurter Seenplatte war ich mit verschiedenen Piloten unterwegs. Die Wege führten vorbei an blühenden Wiesen und glitzernden Seen. Selbst auf den häufig unbefestigten Feldwegen blieb das Rad stabil und zuverlässig.

Das sportliche Tandem ist ideal für alle, die Dynamik und lange Strecken lieben. Allerdings nur, wenn beide Mitfahrenden mit dem schmalen Zweirad gut zurechtkommen. Für mich ist es eine großartige Möglichkeit, sportlich aktiv zu sein. Als „unser Tandem“ für meine Freundin und mich kam es jedoch nicht infrage. Sie fühlte sich auf dem schlanken Rad nie ganz sicher und das Bauchgefühl entscheidet eben mit! Kurz gesagt: Es ist vielseitig, aber nicht für jeden das richtige Tandem.

Stabil, sicher – und Seite an Seite

Ganz anders präsentiert sich mein zweites Tandem, das mir mein Vater bereits 2006 kaufte. Bei diesem handelt es sich um ein Parallel-Tandem, bei dem man nebeneinander sitzt. Es hat drei Räder, einen stabilen Rahmen, zwei Lenker und bequeme Schalensitze mit Rückenlehne. Die Sitzposition erleichtert nicht nur die Kommunikation, sondern vermittelt auch ein ganz anderes Gefühl von Nähe und Sicherheit. Für meine Freundin ist dieses Modell das Nonplusultra: kein Balancieren, kein Unsicherheitsgefühl beim Anfahren oder in Kurven, einfach aufsitzen und losradeln. Dank seines robusten Stahlrahmens, der unabhängig mit Freilauf versehenen Pedale, der einfachen Nabenschaltung mit sieben Gängen sowie der hydraulischen Scheibenbremse hinten und der mechanischen Bremse vorne ist das bedenkenlos möglich. Auch die ergonomischen und sehr bequemen Sitze sorgen für eine angenehme Fahrt.

Erlebnisreiche Touren

Mit diesem Tandem bin ich meist in und um Nurzen unterwegs. Früher oft mit meiner Familie, heute meist mit meiner Partnerin. Eine unserer liebsten Strecken führt entlang der Gera bis zum Erfurter Dom, wo wir gerne in einem kleinen Café einkehren und die gemeinsame Zeit genießen. Besonders gern erinnere ich mich an sommerliche Ausflüge mit meinen Geschwistern und meinem früheren Blindenführhund Denny: Gemeinsam radelten wir zu einem der Seen rund um Nurzen und gingen baden. Beide Ausflüge sind für mich unvergesslich, voller Leichtigkeit, Freude und Verbundenheit. Fast wie ein kleiner Urlaub auf drei Rädern.

E-Antrieb? Nein, danke!

Oft werde ich gefragt, ob ein elektrisches Tandem nicht die perfekte Lösung für uns wäre, gerade beim Parallel-Tandem. Aber für mich gehört das aktive Treten einfach zum Erlebnis dazu. Ich will nicht nur mitfahren, sondern mitarbeiten, spüren, dass ich Teil der Bewegung bin. Gerade als blinder Mensch ist das ein Stück Autonomie zu dem ein elektischer Antrieb nichts beitragen würden

Zwei Räder, doppelte Freude

Je mehr Zeit ich auf beiden Tandems verbringe, desto klarer wird mir: Es gibt nicht das eine perfekte Rad, sondern Räder, die zu den Menschen, zur Situation und zum Moment passen. Mit dem einen entdecke ich meine sportliche Seite, spüre Wind, Geschwindigkeit und das Zusammenspiel mit wechselnden Piloten. Mit dem anderen genieße ich Nähe, Sicherheit, gute Gespräche und das entspannte Unterwegssein mit meinen Liebsten. Ich bin in der glücklichen Lage, mich nicht entscheiden zu müssen und genau das ist der Punkt: Zwei ganz unterschiedliche Tandems, die mir jeweils etwas ganz Eigenes schenken. Das eine ist dynamisch und flexibel, das andere stabil und gemütlich. Und manchmal ist es einfach schön, wenn man nicht auf eine Option eingeschränkt ist, sondern beides genießen darf.

Transparenzhinweis

Beide Tandems wurden privat angeschafft. Ich erhalte für diesen Beitrag weder finanzielle Zuwendungen noch Sachleistungen. Meine Meinung ist unabhängig und basiert auf meinen eigenen Erfahrungen.

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